Vereinigungen
TelemannKIDS
Georg Philipp Telemann berichtet in seinen Autobiographien, dass er in seiner Magdeburger Schulzeit (ca. bis zum 13. Lebensjahr) nicht nur das Singen erlernte und die „erste Liebe zur deutschen Dichtkunst“ vermittelt bekam, sondern zum ersten Mal auch künstlerische Erfolge als Komponist und Darsteller einer Oper erlebte. Ihr TelemannKIDS von heute dürftet vielleicht ähnlich alt sein wie Telemann damals. Ihr sollt die Chance erhalten, euren künstlerischen Neigungen nachzugehen. So wie Telemann sich damals ungezwungen sein künstlerisches Betätigungsfeld suchte, dürft auch ihr als TelemannKIDS euch in euren Darbietungen frei fühlen: Einzige Bedingung ist es allerdings, dass sie mit Telemanns Leben oder Kompositionen oder mit dem Leben im 18. Jahrhundert in Zusammenhang stehen.
Daher könnt ihr Telemanns Werken zeitgemäß begegnen, sie frei arrangieren oder auch umgestalten, ihr könnt mit der Stimme, mit Musikinstrumenten oder euren Handys arbeiten, genauso könnt ihr euch mit Telemanns Leben oder den von ihm überlieferten Anekdoten beschäftigen, kleine Spielszenen daraus entwickeln oder euch über das Leben im 18. Jahrhundert Gedanken machen und die Ergebnisse in frei gewählter Form vortragen. Erlaubt sind folglich alle Formen von konzertähnlicher Darbietung bis hin zu Theater, Tanz oder Hörspiel, Film, Rap...
Einen schönen Einstieg in das Leben im 18. Jahrhundert bietet das Buch Alltagswelten im 18. Jahrhundert - Lebendige Überlieferung in Museen und Archiven in Sachsen-Anhalt, das 2010 von Simone Bliemeister und Katrin Dziekan im Mitteldeutschen Verlag herausgegeben wurde. Der Buchtitel verdeutlicht: Über das 18. Jahrhundert kann man sich auch in verschiedenen Museen in Sachsen-Anhalt informieren. Einen Überblick dazu bietet die Internetseite: http://www.lsa18.de. Hier wird nicht nur auf aktuelle Ausstellungen hingewiesen, sondern es werden auch eine große Zahl von Büchern über das 18. Jahrhundert und Persönlichkeiten, die besonders mit unserer Region verbunden sind, erwähnt.
Telemanns Musik kann man vielerorts begegnen, auf Youtube, mit Hilfe von CDs und DVDs – und natürlich in Konzerten. Findet man gar nichts, so lohnt ein Weg in die Musikabteilung der Stadtbibliothek (Breiter Weg 109, 39104 Magdeburg) oder in die Bibliothek des Zentrums für Telemann-Pflege und -Forschung in Magdeburg (Schönebecker Str. 129, 39104 Magdeburg - Anmeldung erforderlich).
Kurz einige Informationen über Telemanns Leben in Magdeburg:
Er wurde in der Stadt an der Elbe im Jahr 1681 geboren, wenige Jahre nach einer großen Pest. Georg Philipp hatte einen älteren Bruder und eine ältere Schwester. Weitere Geschwister waren schon gestorben. Die Familie lebte zunächst in der Judengasse 1 in der Nähe der Heilig-Geist-Kirche (heute gibt es diese Straße nicht mehr – sie war einst dort, wo jetzt das Allee-Center steht) und später in der Neustädter Straße 36. Telemanns Vater war Pastor. Das hat den Jungen geprägt: Er wuchs in einem religiösen Elternhaus auf, erlebte die selbstverständliche Hilfe und Großzügigkeit einer Pastorenfamilie gegenüber anderen Menschen und kam früh mit den spannenden Geschichten der Bibel in Kontakt. Es wundert nicht, dass aus ihm später einer der berühmtesten Komponisten wurde, die bedeutende Kirchenmusik anfertigten.
Als Telemann vier Jahre alt war, starb sein Vater in Folge eines Schlaganfalls. Nun zog die Mutter die drei Kinder allein auf. Es liegt nahe, dass sie den jungen Georg Philipp zwar in seinen musikalischen Interessen förderte, ihn aber stets zu bewegen versuchte, einen „vernünftigen“ Beruf zu ergreifen. Dazu zählte das Leben eines Musikers nicht.
Georg Philipp ging zunächst in Magdeburg zur Schule. Hier erlernte er das Lesen und Schreiben bei privaten Lehrern oder Pastoren, dann besuchte er im Alter von acht oder neun Jahren die Altstädtische Schule und später die neu gegründete Domschule. Er war ein neugieriger Schüler und interessierte sich besonders für Latein, Griechisch, für Poesie und Literatur und natürlich für die Musik. Er probierte sich auf der Geige, der Flöte und der Zither aus. Den frühen Musikunterricht erhielt er vom Kantor des Altstädtischen Gymnasiums, der zugleich Musikdirektor der Stadt Magdeburg war. Zu seinen Aufgaben gehörte es, für die Kirchenmusik zu sorgen und dafür immer wieder auch neue Werke zu komponieren. Bei diesem Kantor erlernte Telemann folglich nicht nur das Singen, sondern erhielt auch Einblicke in die Grundlagen des Komponierens. Von Zeit zu Zeit durfte er sogar schon einmal die Singestunden leiten.
Georg Philipp versuchte es auch mit Orgel-Unterricht, fand diesen jedoch nicht spannend genug. Er hatte schon muntere Töne im Kopf und brachte sie in ersten Stücken zu Papier. Und stolz berichtete er, dass diese ersten Kompositionen auch zur Aufführung kamen. Besonders hob er seinen Erfolg als 11jähriger Junge im Zusammenhang mit einer Oper hervor, die den Titel „Sigismundis“ hatte. Daraufhin kamen jedoch eine Reihe von Bekannten zu seiner Mutter und rieten ihr, dem eifrigen Komponieren des Jungen Einhalt zu gebieten und ihn in vernünftigere Bahnen zu lenken. So wurde er mit 13 Jahren in eine Schule nach Zellerfeld im Harz geschickt. Die Musik ließ Telemann jedoch für den Rest seines Lebens nicht mehr los, und obwohl er seiner Mutter zuliebe später ein Jurastudium begann, so entschied er sich schließlich doch für ein Leben als Komponist und Musikdirektor. Wir dürfen darüber dankbar sein, denn aus dem kleinen Georg Philipp wurde ein in ganz Europa angesehener Komponist. Viele Menschen lieben noch heute, fast 250 Jahre nach seinem Tod, die herrlichen Werke dieses aus Magdeburg stammenden Komponisten.
Seine Lebensstationen nach der Schulzeit waren Leipzig, Sorau (heute Żary, in Polen gelegen), Eisenach, Frankfurt am Main und Hamburg, wo er die längste Zeit seines Lebens wohnte und arbeitete: von 1721 bis 1767, also 46 Jahre lang. Doch darüber zu berichten, ist eine andere Geschichte – vielleicht EURE?
Was wir über Georg Philipp Telemanns Leben vor über 300 Jahren wissen, verdanken wir den Forschern, die seine drei Autobiographien sowie Dokumente und Briefe über sein Leben veröffentlicht und erläutert haben, spezielle Artikel abfassen und bei Konferenzen neue Erkenntnisse vortragen und diskutieren. Im Internet findet man darüber viele Informationen.
Die Angaben zu Telemanns Jugendzeit in Magdeburg, die hier veröffentlicht sind, entstammen vor allem dem Artikel „So war doch auf mütterlicher Seite die Erfahrung in der Singe-Kunst desto grösser“- Einblicke in Georg Philipp Telemanns Magdeburger Alltagswelt , den Brit Reipsch – eine Mitarbeiterin des Telemann-Zentrums in Madgeburg –, für das Buch Alltagswelten im 18. Jahrhundert (Halle 2010) anfertigte.
Juliane Patz (Magdeburg)